Op. 47 Nr. 05 (1880)
Aleksei Tolstoy (1817-1875) nach: Ioann Damaskin
Ich segne euch, o Wälder, die Täler, Felder, Berge, Wasser, ich segne die Freiheit und den blauen Himmel!
Ich segne meinen Wanderstab und diese dürftige Tasche, die Steppe von einem Ende zum anderen, das Licht der Sonne und die Dunkelheit der Nacht, den einsamen Pfad, auf dem ich, ein Bettler, gehe, jedes Hälmchen auf dem Feld, und jeden Stern am Himmel!
Oh, könnte ich mein ganzes Leben mit euch vermischen, meine ganze Seele mit euch verschmelzen,
oh, könnte ich euch alle in meine Arme schließen, euch Feinde, Freunde und Brüder, und die ganze Natur in meine Umarmung einschließen!
Op. 06 Nr. 06 (1869)
Lev Mey (1822-1862), Nach: Johann Wolfgang von Goethe
Nein, nur der, der die Sehnsucht nach einem Treffen kannte, versteht, wie ich litt und wie ich leide.
Ich blicke in die Ferne... Die Kraft schwindet, das Auge trübt sich...
Ach, der, der mich liebte und kannte – ist fern!
Ach, nur der, der die Sehnsucht nach einem Treffen kannte versteht, wie ich litt und wie ich leide.
Die Brust brennt...
Wer die Sehnsucht nach einem Treffen kannte, versteht, wie ich litt und wie ich leide.
vor 1860
Afanasy Afanasyevich Fet (1820–1892)
Du heller Schatten, du bist hier, oder?
Meine Muse, mein Engel, mein Freund,
Leise mit mir redest,
Und sanft herumfliegst?
Und du gibst mir zarte Inspiration,
Und du heilst mein Liebeskummer
Und du schenkst mir ruhige Träume,
Meine Muse, mein Engel, mein Freund!
Op. 28 Nr. 06 (1875)
Text: Peter Ilyich Tchaikovsky (1840-1893)
Du hörst zu, den Kopf geneigt,
die Augen gesenkt und leise seufzend!
Du ahnst nicht, wie furchtbar diese Augenblicke
für mich sind und voller Bedeutung,
wie mich dieses Schweigen verwirrt.
Ich warte auf dein Urteil, ich warte auf deine Entscheidung –
entweder stößt du mir ein Messer ins Herz,
oder öffnest mir das Paradies.
Ach, quäle mich nicht, sag nur ein Wort!
Warum ist ein zaghaftes Geständnis
so tief in deinem Herzen verborgen?
Du seufzt, zitterst und weinst;
sind die Worte der Liebe auf deinen Lippen verstummt,
oder hast du nur Mitleid mit mir und liebst mich nicht?
Ich warte auf dein Urteil, ich warte auf deine Entscheidung –
entweder stößt du mir ein Messer ins Herz,
oder öffnest mir das Paradies.
Ach, erhöre mein Flehen,
antworte, antworte schnell!
Ich warte auf dein Urteil, ich warte auf deine Entscheidung!
Op. 38 Nr. 03 (1878)
Aleksei Tolstoy (1817-1875)
Mitten im lauten Ball, zufällig,
Im Trubel der weltlichen Hast,
Sah ich dich – doch ein Rätsel
Hüllte deine Züge in Nacht.
Nur Augen schauten so traurig,
Die Stimme klang wundersam schön,
Wie Töne der fernen Schalmei,
Wie Wellen, die spielend sich drehn.
Dein schlanker Wuchs hat mir gefallen,
Dein nachdenklicher Anblick so sehr,
Dein Lachen – so hell und doch traurig –
Klingt seither in meinem Herz umher.
In Stunden der nächtlichen Einsamkeit,
Liege ich, müde, und ruh –
Da seh ich die traurigen Augen,
Hör die fröhliche Rede dazu.
So schlafe ich traurig, schlaf traurig ein,
Träum Träume, die niemand versteht...
Ob ich dich liebe? Ich weiß es nicht,
Doch scheint mir, dass Liebe es ist!
Op. 60 Nr. 06 (1886)
Aleksei Apukhtin (1841-1893)
Nächte des Wahnsinns, Nächte der Schlaflosigkeit,
Verwirrende Worte, erschöpfte Blicke…
Nächte, vom letzten Feuer erleuchtet,
Späte Blumen des toten Herbstes!
Mag auch die Zeit mit ihrer erbarmungslosen Hand
Mir gezeigt haben, was an euch trügerisch war,
Dennoch fliege ich mit gieriger Erinnerung zu euch,
Suche im Vergangenen eine unmögliche Antwort…
Mit eurem schmeichelnden Flüstern dämpft ihr
Die lauten, unerträglichen Geräusche des Tages.
In der stillen Nacht verscheucht ihr meinen Schlaf,
Nächte der Schlaflosigkeit, Nächte des Wahnsinns.
Nächte der Schlaflosigkeit, Nächte des Wahnsinns.
Op. 06 Nr. 04 (1869)
Aleksei Tolstoy (1817-1875)
Eine Träne zittert in deinem eifersüchtigen Blick –
Oh, sei nicht traurig, du bist immer noch in meinem Herzen!
Doch lieben kann ich nur in der Weite –
Meine Liebe, weit wie das Meer,
Können, nein,
können die Ufer des Lebens nicht fassen.
Oh, sei nicht traurig, mein Freund,
irdisches Leid vergeht,
Warte noch ein wenig – die Gefangenschaft währt nicht lange.
In einer Liebe werden wir Alle bald verschmelzen,
In einer Liebe, weit wie das Meer,
Die, nein,
die die irdischen Ufer nicht fassen können!
Op. 73 Nr. 02 (1893)
Daniil Rathaus (1868-1937)
Das schwache Kerzenlicht erlöscht ...
Trostlose Finsternis geht um ...
Und Schwermut presst die Brust zusammen
mit unbegreiflicher Kraft.
Auf die traurigen Augen
sinkt leise der Schlaf herab...
Und mit der Vergangenheit beginnt die Seele
in diesem Moment ein Gespräch.
Sie verging vor tiefem Kummer ...
Erscheine doch, wenn auch nur im Traum,
o, mein ferner Freund!
Op. 73 Nr. 06 (1893)
Daniil Rathaus (1868-1937)
Ich bin wieder allein, wie früher.
Wieder umgibt mich das Gefühl von Traurigkeit.
Eine Pappel schaut durchs Fenster,
erleuchtet vom Mondlicht.
Die Pappel schaut durchs Fenster,
die Blätter rauschen leise.
Am Himmel leuchten die Sterne,
wo bist du jetzt, meine Liebe?
Alles, was in mir passiert,
kann ich nicht in Worte fassen.
Freund, bete für mich,
ich habe schon für dich gebetet.
Op. 60 Nr. 04 (1886)
Aleksandr Pushkin (1799-1837)
Meine Nachtigall, mein kleines Vögelchen, Waldbewohnerin!
Du hast in deiner Kehle, kleiner Vogel, drei immer gleiche Lieder.
Und bei mir, beim jungen Mann, gibt es drei große Sorgen!
Die erste Sorge: Der junge Mann wurde früh verheiratet;
Die zweite Sorge: Mein Rappe ist erschöpft;
Die dritte Sorge: Die bösen Menschen haben mich von der schönen Jungfrau getrennt.
Grabt mir ein Grab auf dem weiten Feld,
Setzt mir rote Blumen ans Kopfende,
Und lasst reines Wasser aus einer Quelle zu meinen Füßen fließen.
Vorbei kommen die schönen Mädchen, sie werden sich Kränze flechten,
Vorbei kommen die alten Leute, sie werden sich Wasser schöpfen.
© Die deutsche Fassung der Liedtexte, bei der die wörtliche Nähe zum russischen Originaltext im Vordergrund stehen soll und damit häufig auf eine geschliffene Reimform verzichtet, hat Konstantin Gorny erstellt.
Die sprachliche Bearbeitung und stilistische Feinabstimmung wurden von Wolfgang Wiechert vorgenommen.
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